„Wir sind offline!“
Unsere Patienten kennen uns als Ärzte, die stets mit der Zeit gegangen sind, wenn es darum ging, die Vorzüge von Computern für einen optimalen Praxisablauf zu nutzen. Wir sind seit über 13 Jahren eine „papierlose“ Praxis und alle Informationen werden seitdem digital in unserem Praxisnetzwerk gespeichert.
In unseren Augen sind dabei allerdings nun Grenzen erreicht, die die Sicherheit der Krankendaten unserer Patienten potentiell gefährden. Wir sind – wie viele namhafte IT-Sicherheitsexperten – der Ansicht, dass es in absehbarer Zukunft keine wirklich sicheren zentralen Datenspeicher gibt. Trotz hochgepriesener Verschlüsselungen und hoher Sicherheitsstandards lässt sich ein Schutz der intimen Krankendaten nicht sicher garantieren, sobald die Daten einmal zentral gespeichert sind. Diese Auffassung bestätigen nicht nur die fast täglich gemeldeten Datenverluste großer Online-Firmen, sondern auch beängstigende Erfahrungen aus anderen Ländern. So werden in den USA durchschnittlich 30 Millionen Krankendatensätze pro Jahr gehackt. In Norwegen wurden bereits 3 Millionen Gesundheitsdatensätze (ca. 60% der Bevölkerung) nachweislich gestohlen.
Die Bundesregierung, die Industrie und die Krankenkassen drängen trotzdem vehement auf eine Beschleunigung der Digitalisierung in der Medizin und setzen uns Ärzte unter Honorarstrafe, wenn wir die Bedingungen hierzu (Telematik-Infrastruktur) nicht erfüllen.
Sobald wir diese Entwicklung unterstützen, können wir – realistisch betrachtet – die Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht nicht mehr garantieren. Das Versprechen in unsere Verschwiegenheit ist nicht nur essentielle Voraussetzung für eine vertrauensvolle Behandlung, sondern auch bei Nicht-Einhaltung ein Straftatbestand nach §203 StGb, der nachvollziehbar mit Freiheitsstrafe geahndet werden kann.
Diese Form des „Datenschutzes“ ist durchaus berechtigt, denn im ärztlichen Alltag gibt es viele Diagnosen, deren Bekanntwerden für die Betroffenen negative soziale oder finanzielle Auswirkungen haben könnte. Wir müssen leider davon ausgehen, dass in wenigen Jahren auch viele Millionen Krankendatensätze deutscher Patienten öffentlich sind und wollen nicht, dass die Informationen unserer Praxis darunter zu finden sind.
Deshalb haben wir uns dazu entschlossen alles zu unternehmen, um die Krankeninformationen, so gut es geht vor fremden, unerlaubten Zugriff zu schützen. Seit dem 4. April 2019 ist die Praxis Friedrichsburg wieder offline. Dies bedeutet, dass unser Praxisnetz, auf dem die sensiblen Patientendaten gespeichert sind, wieder komplett physikalisch vom Internet getrennt ist. Nur so kann unserer Ansicht nach ein ungewünschter Zugriff von außen sicher verhindert werden.
Damit widersetzen wir uns der von der Gesundheitspolitik geforderten Teilnahme am Telematik Infrastrukturgesetz. Unsere Patienten werden dadurch keine Veränderungen bemerken, da wir weiter über einen internetfähigen Rechner (als Insellösung) per E-Mail erreichbar sind und darüber unser Praxissystem stets auf aktuellstem technischen Stand halten. Wir werden deshalb aber nicht in der Lage sein, andere Computeranwendungen und Apps, die eine unsichere zentrale Datenspeicherung verwenden, mit Patienteninformationen zu füttern, wie es teilweise vom Gesetzgeber oder den Krankenkassen erwartet wird.
Wir sollten weiterhin alle Vorzüge der Digitalisierung in der Medizin nutzen, vielleicht auch langfristig die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz. Aber es gibt keinerlei Grund, warum diese digitalen Informationen personenbezogen und auf die Patienten zurückzuführen sein sollen. Gerade durch diesen Personenbezug und die zentrale Datenspeicherung der Krankendaten zeichnet sich die vom Gesetzgeber geforderte elektronische Patientenakte und die Telematik-Infrastruktur aus. Das darf nicht sein!
Wir sind fest davon überzeugt, dass unser Weg zwar ungewöhnlich wirken mag, aber er zum jetzigen Zeitpunkt die einzige Möglichkeit ist, die Gesundheitsdaten unserer Patienten langfristig – auch über die nächsten Jahre hinaus – vor fremdem Zugriff zu schützen.
Informieren Sie sich gerne auf unseren nachfolgend aufgeführten Homepages weiter dazu:
www.aktion-datenschutz-in-deutschen-praxen.de
Hier finden Sie einen Blog-Beitrag von Dr. Rudolph auf den Seiten des Medi-Verbundes Baden-Württemberg:
https://blog.medi-verbund.de/2019/04/dr-rudolph-patienten-datenunsicherheit/.
Weitere Hintergründe finden Sie u.a. auch unter:
www.freiheit-fuer-ein-prozent.de
Außerdem haben wir vor wenigen Wochen eine online-Petition an die Patientenbeauftragte der Bundesregierung mit dem Titel „Für ein Recht auf Geheimhaltung der eigenen Krankengeschichte“ gestartet. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie diese unter www.change.org/recht-auf-geheimhaltung ebenfalls unterzeichnen würden und sie zusätzlich in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis bekannt machen würden.